Die Kunst des Entscheidens bestimmt über den Erfolg der Unternehmen und Organisationen. Gesucht ist die Wahl der «besten» Entscheidungsalternative. In diesem Beitrag befassen wir uns mit dem möglichen Nutzen und den Fallstricken bei der Beteiligung der Mitarbeiterinnen oder Mitglieder bei der Entscheidungsfindung.
Im Angelsächsischen Raum ist dies ein eigenes Forschungsgebiet unter dem Begriff Participative decision-making. Zusätzlich haben wir wichtige Publikationen der Management Literatur für Sie gelesen und aufbereitet. Das Ziel dieses Artikels ist es, Ihnen konkrete und zielführende Beispiele für Ihr mögliches Frag-Dein-Team Projekt zu geben.
Beteiligung steigert Motivation
«Decision making is simply the best way in the world to develop people»1, erklärt der erfolgreiche Unternehmer Dennis Bakke. Der offensichtliche Nutzen der Beteiligung des Teams an Entscheidungen ist die gesteigerte Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden oder Mitglieder. Eine grosse Anzahl von Studien belegt, dass die Teambeteiligung darüber hinaus zu höherer Produktivität führt und die Fluktuation senkt 2. So weit, so gut – doch was bringt Partizipation in Bezug auf die Qualität der Entscheidungen in Ihrer Organisation?
Entschieden wird auch aus dem Bauch heraus
Aus Managementsicht ist die optimale rationale Entscheidung auch das Ergebnis eines Preisvergleiches von Vor- und Nachteilen der evaluierten Lösungsalternativen. Das Ganze ist meist ziemlich komplex und unterliegt unter anderem den Gesetzen der nicht kooperativen Spieltheorie. Auch darum werden Entscheide oft mit Heuristiken oder «aus dem Bauch heraus» getroffen. Im Regelfall werden operative Entscheidungen am besten durch die Fachverantwortlichen gefällt, auch weil die Zeit oft drängt. Die Fachteams besitzen ausserdem den mitentscheidenden Informationszugang zum Thema. Das heisst: Führungsentscheide trifft der CEO, über Werbekampagnen entscheidet das Marketingteam – und so weiter.
Eine kritische Quelle von Fehlern ist die Voreingenommenheit der Entscheider: «Virtually all current theories of decision making are based on the results of research concerning biases in judgment»3. Daraus können wir ableiten, dass Entscheide auf Basis von Partizipation sinnvoll sein können, wenn die Erfahrung und der Bauch der Teammitglieder – in der Summe – einen Nutzen versprechen und wenn dadurch individuelle Vorurteile ausgeglichen werden. Nachfolgend sind einige Beispiele aufgeführt, in denen eine Teambefragung einen echten Mehrwert verspricht.
Frag dein Team: Arbeitsbedingungen und Firmenkultur
Fragestellungen, welche die Mitarbeitenden direkt betreffen und deren direkte Unterstützung benötigen, eignen sich vorzüglich für eine Teamumfrage. Beispiele hierfür sind:
- Variantenvorschläge für Home-Office-Regelungen
- Ein neues Arbeitszeitmodell
- Fragen zur Ausgestaltung der Firmen- oder Organisationskultur
Bei solchen Entscheidungen sind alle oder die Mehrheit der Teammitglieder betroffen; es muss also ein gemeinsamer Nenner im Sinne der Firma gefunden werden. Das E-Voting mit Stimmgeheimnis garantiert hier die unabhängige und möglichst unverfälschte Meinung der einzelnen Person. Wir empfehlen, dem Team klar mitzuteilen, ob die Abstimmung bindend ist oder lediglich als Stütze bei der Entscheidungsfindung verwendet wird.
Frag dein Team: strategische Initiativen
Planen Sie eine strategische Initiative, also den grossen Wurf, der Ihre Organisation in neue Sphären katapultieren soll? Ihre Führung muss davon überzeugt sein; doch wie kann man die wichtige Unterstützung der Mehrheit – möglichst der ganzen Organisation – gewinnen? Hier kann die Beteiligung des Teams wichtige Motivation schaffen. Anwendungsbeispiele sind beispielsweise:
- Sie wollen das Unternehmen neu ausrichten, zum Beispiel CO2-neutral
- Sie sind eine NGO und planen eine aufwendige Petition oder Initiative
- Sie wollen als Erste auf dem Mars landen 😉
Natürlich werden solch wichtige Entscheide schlussendlich von der strategischen Führung Ihrer Organisation getroffen; die in der Umfrage enthaltenen Fragen sind dann eher rhetorischer Natur. Sie gehen von einer mehrheitlichen Zustimmung des Teams aus, doch ein hohes Mass an Beteiligung und Zustimmung wird Ihre Mission stärken. Falls das Resultat nicht Ihren Erwartungen entspricht, haben Sie die Möglichkeit der Anpassung und Nachbesserung.
Frag dein Team: der empirische Variantenentscheid
Es gibt Situationen, in denen sich im Management und in der Führung keine klare Entscheidung für oder gegen eine Vorgehensweise finden lässt. Trotz hoch qualifizierten Managern und externen Beratern kommen Sie nicht weiter. Warum jetzt nicht das Team fragen? Falls die Frage nicht fachspezifisch ist, sondern basierend auf der Erfahrung und der Empfindung Ihrer Teammitglieder beantwortet werden kann, dann kann eine Umfrage zur Lösungsfindung beitragen. Hier einige Beispiele:
- Die Wahl eines neuen Logos oder neuer Firmenfarben
- Die Wahl einer Variante in Bezug auf eine Kundendienstleistung
- Entscheide zur Aussendarstellung der Organisation
In solchen Fällen sind das persönliche Empfinden und die Erfahrung der Mitglieder oder der Mitarbeitenden relevant und in der Summe allenfalls das Zünglein an der Waage. Sie können die Qualität der Teambefragung steigern, indem Sie die Möglichkeit der Stimmenthaltung vorsehen.
(Besser) nicht!
Teambeteiligung bei Entscheiden in Firmen und Organisationen existiert heute kaum. Forschung und Literatur zum Thema sind sich einig: Die Chefs wollen hier (noch) nicht teilen. Arnstein sagt: «There is a critical difference between going through the empty ritual of participation and having the real power (..)»4. Klar, im Tagesgeschäft – wenn es schnell gehen muss oder bei Fachfragen – brauchen unsere Organisationen Entscheider, die alleine oder mit ihrem Team Nägel mit Köpfen machen können. Hier ist keine Demokratie gefragt, sondern Autokratie. Allerdings führt das rein hierarchische Entscheidungsprinzip nicht immer zu langfristig guten und nachhaltigen Resultaten, wie viele von uns auch als Aktionäre und Mitglieder öfters erleben.5 6 Manchmal führt es sogar nach Waterloo.
Fazit
Die Partizipation von Mitarbeitenden und Mitgliedern im Entscheidungsprozess von Firmen und Organisationen ist wenig erforscht und wird derzeit kaum angewendet. Neueste Erkenntnisse zeigen, dass diese Beteiligung in konkreten und geeigneten Fällen – wie oben beschrieben – Erfolg verspricht. Das heisst, Sie können bessere Entscheidungen erwarten in Bezug auf Mehrwert und Qualität. Was Sie immer erwarten können von einem Beteiligungsprozess, ist die gesteigerte Motivation des Teams – und dadurch einen möglichen Produktivitätsgewinn. Die Verwendung einer E-Voting-Lösung mit Stimmgeheimnis ist dabei essenziell, was den Erfolg der Partizipation betrifft, denn: «Menschen stützen ihre individuellen Urteile oft darauf, wie andere auf sie reagieren.»
Wir hoffen, wir konnten Sie mit diesem Artikel zu mehr Partizipation in Ihrer Organisation motivieren. Falls Sie Fragen haben oder uns Feedback zukommen lassen möchten, dann steht democracy.guru Ihnen gerne zur Verfügung.
(EC, LVK)
- The Decision Maker, Dennis Bakke, Pear Press, 2013 ↩︎
- Revisiting the «Authoritarian Versus Participative» Leadership Style Legacy: A New Model of the Impact of Leadership Inclusiveness on Employee Engagement, Ronald Busse, Journal of Leadership & Organizational Studies, 2018 ↩︎
- The Psychology of Judgment and Decision Making, Scott Plous, McGraw-Hill, 1993 ↩︎
- A Ladder Of Citizen Participation. Arnstein, S.R. Journal of the American Planning Association. 35:431-444, 1969 ↩︎
- Judgment in Managerial Decision Making, Max H. Bazerman, Wiley, 2005 ↩︎
- The Future of Decision Making, Roger C. Schank, Dimitris Lyras and Elliot Soloway, Palgrave Macmillan, 2010 ↩︎